70 Jahre Rat für Formgebung

Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

70 JAHRE RAT FÜR FORMGEBUNG – 70 JAHRE DESIGNKULTUR
»Creating Community« Dritte deutsche Designdebatte

Seit nunmehr 70 Jahren trägt die Stiftung Rat für Formgebung mit Sitz in Frankfurt am Main in allen Bereichen des Designprozesses zu dessen Kommunikation, Wissenstransfer, Vernetzung und Förderung bei. Weltweit sind unzählige Initiativen, Konzepte und Formate entstanden, die Design mit Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik verbinden.

Dritte Deutsche Designdebatte

CREATING COMMUNITY

An der Veranstaltung am 22. Juni 2023 nahmen Kollektive und Persönlichkeiten teil, die mit ihrer Arbeit gesellschaftliche und wirtschaftliche Änderungen herbeiführen. Sie reflektierten über die Kernbereiche, mit denen der Rat für Formgebung seit seiner Gründung befasst ist – Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Bildung –, und präsentierten ihre Visionen für eine lebenswerte und gerechtere Zukunft. Disziplinenübergreifendes Arbeiten, das Bündeln vieler Kompetenzen und das stetige Wachsen von Netzwerken sind Beispiele dafür, dass über die letzten Jahre ein Paradigmenwechsel zu beobachten ist: Lösungen, Konzepte und Produkte, die von Kollektiven, in Kollaborationen, in Teams oder über Kooperationen entstehen, erfahren eine immer höhere Dringlichkeit, Sichtbarkeit und Anerkennung.

Mit der Debatte möchte der Rat für Formgebung diese Entwicklungen fokussieren und die verbindenden und für Veränderungen grundlegenden Eigenschaften aus dem weiten Feld des Designs offenlegen.

DIE ZUKUNFT DES DESIGNS

Der Dritten Deutschen Designdebatte ist es in einem hoch konzentrierten Programm gelungen, unterschiedliche Perspektiven, Ansätze und Generationen miteinander in Verbindung zu bringen: Die Sprecher*innen warfen Fragen auf, formulierten Thesen, erzeugten Widersprüche und schufen neue Perspektiven, die Impulse für alle Akteurinnen und Akteure der Design- und Kulturszene lieferten.

In einem Gastbeitrag fasst der freie Autor Oliver Herwig, der u. a. für Neue Zürcher Zeitung, nomad, Architektur & Wohnen sowie Süddeutsche Zeitung tätig ist, diese Thesen und Gedanken zur Lage des Designs zusammen.

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Veranstaltungsprogramm

Grussworte und Eröffnung durch:
Prof. Mike Richter, Präsident Rat für Formgebung
Lutz Dietzold, Geschäftsführer Rat für Formgebung
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Impulsvorträge:
David Kusuma, Präsident World Design Organization – The Importance of Design Towards a Better Tomorrow
Young Designers Circle, repräsentiert durch Kimia Amir-Moazami, Muhammed Khan und Pedro Sáez Martínez – Not There Yet

Designdebatte:
Hartmut Esslinger – Design for Industry
Francesca Bria – A Green and Digital Deal That Starts From Data Democracy and Citizens’ Participation
Sunny Dolat – Designing Identities: Building and Reclaiming Black African Narratives
John Maeda – Design and Artificial Intelligence: Hype? Or Hope?
Kate Crawford – Reality Machines: Politics of AI and Design

Dritte Deutsche Designdebatte – CREATING COMMUNITY

Es war uns eine Freude, dass wir einige der inspirierendsten Persönlichkeiten unserer Zeit empfangen durften und diese Vorträge der Öffentlichkeit zugänglich machen konnten!

Einlass in der Paulskirche

Die Veranstaltung zur 70 Jahre Feier fand am 22.06.2023 statt.

Begehung des Saals

Vielen Dank an alle Besucher und Besucherinnen, an alle Gäste, dass Sie da waren. 250 Menschen, die mit uns gelauscht und anschließend gefeiert haben!

Eröffnungsrede

Prof. Mike Richter, Präsident Rat für Formgebung eröffnete die Feierlichkeiten.

Ausblicke

"Die Frage nach der Rolle des Designs ist eine Frage, die den Rat für Formgebung seit seiner Gründung bis heute beschäftigt." Und hier ist für Lutz Dietzold, Geschäftsführer Rat für Formgebung, der Stiftungs Auftrag nach wie vor klar: "... es ging und geht in der Arbeit des Rat für Formgebung immer um einen gemeinsamen Auftrag von Politik und Wirtschaft, mit dem Ziel, das Design als eigenständige Disziplin mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung zu positionieren." Ganz bewusst wollte man hier ein Zeichen setzen und habe auch die ganz junge Generation - vertreten durch den Young Designers Circle - zur Dritten deutschen Designdebatte eingeladen. Die gerne kritisierte sog. Generation Z besitze ein sehr feines Gespür für die aktuellen Herausforderungen und sei an einer konstruktiven, partizipativen Zusammenarbeit über alle Generationen hinweg interessiert, die keinen Aufschub dulde. Weiter sieht Dietzold Design als Chance den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Es gehöre gerade zu den Fähigkeiten des Designs, Möglichkeiten nicht nur aufzuzeigen, sondern auch deren Machbarkeit zu modellieren. "... ob Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz, Identität jenseits nationaler Befindlichkeiten oder Zirkuläre Wirtschaft – für die anstehenden Transformationsprozesse ist das Design aus meiner Sicht nicht nur per se bestens vorbereitet, sondern es wird dafür dringend gebraucht." Diese Bedeutung zu stärken und mitzugestalten ist das Ziel.

Rebecca Caroline Schmidt, die Geschäftsführerin des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität führte uns durch den Abend.

The Importance of Design Towards a Better Tomorrow

Mit Design die Welt verbessern: Mit David Kusuma, Präsident der World Design Organization, hatten wir eine starke Stimme des Industriedesigns. Wir danken auch für seinen Einsatz für "Design for a Better World". Design habe die Macht, die Lebensqualität der Welt zu verbessern, so Kusuma. Ob auch Deutsches Design noch vorne mitspielt, wird zunehmend in Frage gestellt und derzeit häufig diskutiert, wie etwa auch von Hartmut Esslinger später am Abend. David Kusuma zufolge sei Deutschland nach wie vor weltweit für das Design seiner Produkte anerkannt, wie auch für Mechanische Exzellenz. Design und Funktionalität seinen eben nicht getrennt von einander zu sehen. Das beinhalte aus seiner Sicht auch die Aufgabe Produkte recyclebar zu gestalten – „Design for Disassembly“ ... Produkte wieder demontierbar zu entwickeln.

"Not There Yet" - Die Perspektiven des Design-Nachwuchs

Wir haben uns sehr gefreut, der jungen Designgeneration mit dem Young Designers Circle eine Bühne zu bieten, mit Kimia Amir-Moazami vor Ort, Muhammed Khan und Pedro Sáez Martínez waren hinzugeschaltet. Vorgestellt wurde das YDC-Projekt „Not there Yet“, eine globale Forschungs- und Gesprächsreihe, die auf der diesjährigen Berlin Design Week ihren Auftakt fand.

Design for Industry

Hartmut Esslinger erörterte die Erfolgsbedingungen für die nächste Generation von Designer*innen und ließ sich dabei vom Modell inspirieren, das auf Design für die Industrie setzt. Sein Schwerpunkt auf  "Design for Industry" zielt darauf ab, die Kluft zwischen der akademischen Welt und den Herausforderungen der realen Berufswelt zu überbrücken. Der Designpionier stellt sich ein transformatives Bildungssystem vor, das junge Designer*innen im direkten Austausch mit der Industrie und mit praktischen Werkzeugen ausstattet, um eine bessere Zukunft zu schaffen – "Designer verdienen eine Top Ausbildung, auf Elite Schulen". Gleichzeitig sandte er starke Kritik an die Industrie, die Design zu Stiefmütterlich behandelte. Dem zur Seite stellte Esslinger aktuelle Zahlen betreffend zu niedriger Gehälter von Designern sowie rückläufiger Start-Up Gründungen in Frankfurt.

Spannende Vorträge

Trotz Hitze, Gewitter und nahezu tropischer Luftfeuchtigkeit, blieben fast alle Gäste bis zum Schluss am Ball – gut das wir noch die Fächer einer vergangenen Messe anbieten konnten ...

Design and Artificial Intelligence: Hype? Or Hope?

John Maeda erklärte die neue Technologie KI mit Hilfe von Brot. In seiner zum Nachdenken anregenden Rede, stellte er angesichts der hoch aktuellen Diskussion darum die Frage, ob wir es hier eigentlich mit einem Hype oder berechtigten Hoffnungen zu tun haben.

Indem er sich mit Herbert Simons „Scissors of Rational Behavior“ auseinandersetzte, forderte er die Gäste auf, das wahre Potenzial von KI inmitten der scharfen Kanten von Kognition und Kontext zu bewerten. Die Erkenntnisse des amerikanischen Technologen werfen ein Licht auf die Qualität der generativen KI und ihre Auswirkungen auf unsere Zukunft.

Designing Identities: Building and Reclaiming Black African Narratives

Von Sunny Dolat erfuhren wir wie hoch die Bedeutung von Design für identitätsbildende Prozesse in afrikanischen Ländern ist und dass Design weit über eine gemeinschaftbildende Kraft hinausgeht.

Dolat beschäftigte sich mit dem im globalen Norden viel zu wenig beachteten Thema „Design Identities: Building and Reclaiming Black African Narratives“ bei der Dritten Deutschen Designdebatte. Der Kulturproduzent, Kreativdirektor und Mitbegründer von „The Nest Collective“ beleuchtete den Verlust des kulturellen Erbes durch den eurozentrischen Imperialismus und betonte die Bedeutung der Rückgewinnung afrikanischer Narrative. Er stellt sich in seiner Arbeit sozialen und politischen Fragen und befasst sich insbesondere mit dem Platz Afrikas in globalen und kulturellen Debatten und Dialogen. Eine wichtige Aufgabe, danke für die Einblicke dazu!

Kimia Amir-Moazami, Sunny Dolat, Kate Crawford und John Maeda.

A green and digital deal that starts from data democracy and citizins' participation

Francesca Bria plädierte in ihrem umfassenden Vortrag für einen gerechten und innovativen wie partizipativen Umgang mit Daten. Sie sprach bei der Dritten Deutschen Designdebatte über den Green and Digital Deal, Datendemokratie und politische Partizipation. Sie zeigte die Erfolge des Projekts „Superblocks” in Barcelona auf, womit sie die Bedeutung moderner Urbanität und Mobilität mit dem Menschen und der Umwelt im Mittelpunkt für eine lebenswerte Zukunft unterstrich. Danke für diese wertvollen Einblicke!

Reality Machines: Politics of AI and Design

Kate Crawford schloss die Vortragsreihe mit einem kritischen Beitrag über künstliche Intelligenz. Ohne sie abzulehnen, fordert sie einen verantwortungsvollen und transparenten Umgang mit der neuen Technologie.

Eindrücklich referierte Crawford zum Thema Reality Machines: Politics of AI and Design. KI verändert nicht nur die Art und Weise, wie wir Informationen finden, schreiben und Bilder produzieren, sondern sie verändert auch die Wahrnehmung der Realität selbst hat tiefgreifende soziale und politische Auswirkungen. Sie gab den Gästen der Dritten Deutschen Designdebatte drei wichtige Learnings mit auf den Weg:

1. You are training AI
2. Your style is captured
3. But you own nothing

Kate Crawford

David Kusuma im Gespräch mit Rebecca Caroline Schmidt.

Hartmut Esslinger und Kate Crawford im Gespräch.

Nach den Vorträgen in der Rotunde der Paulkirche. Francesca Bria, Kate Crowford und Gäste.

Francesca Bria

A Green and Digital Deal That Starts From Data Democracy and Citizins' Participation

Wenn wir in die Zukunft blicken, müssen wir uns vorrangig mit der ökologischen und digitalen Revolution auseinandersetzen. Die technologischen Fortschritte, die durch die Einführung von Trends wie Big Data, künstliche Intelligenz und Supercomputing beschleunigt werden, haben weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft unseres Planeten. Wenn diese Technologien demokratisch gesteuert und verwaltet werden, haben sie das Potenzial, einige der dringendsten Herausforderungen der Menschheit zu lösen, bergen aber auch große Risiken.


Francesca Bria, ehemaliger Chief Technology Officer der Stadt Barcelona und derzeit Beraterin der Stadt Hamburg und der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Neuen Europäischen Bauhaus, hat Pionierarbeit bei der Einführung eines neuen Bürgervertrags für Daten und digitale Demokratie geleistet und Tausende von Bürger*innen in die Formulierung der Politik der Stadt Barcelona einbezogen. Diese Initiative fördert die Entwicklung von Technologien im Dienste der Menschen und die gemeinsame Nutzung von Daten durch Unternehmen und Gemeinschaften und stellt sicher, dass Daten und künstliche Intelligenz auf ethische und demokratische Weise verwaltet werden, um fundiertere und effizientere öffentliche Entscheidungen zu treffen.

Bria vertritt eine Innovationsagenda, die den Menschen und die Umwelt in den Mittelpunkt stellt und fest in unseren demokratischen Grundsätzen und Werten verwurzelt ist, die auch den Kern der Vision des Neuen Europäischen Bauhauses bildet.

Speaker Kate Crawford - Credits: Cath Muscat
Kate Crawford

Reality Machines: Politics of AI and Design

Generative KI wird bereits von Millionen von Menschen weltweit genutzt. Sie verändert nicht nur die Art und Weise, wie Menschen Informationen finden, schreiben und Bilder produzieren, sondern sie verändert auch die Wahrnehmung der Realität selbst – so wie die künstliche Perspektive in der Malerei des 15. Jahrhunderts. Dies hat tiefgreifende soziale und politische Auswirkungen und stellt gleichzeitig eine sehr reale Bedrohung für die Art und Weise dar, wie Kunst und Design bewertet werden.


Professorin Kate Crawford ist eine international führende Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der sozialen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz. Sie ist Forschungsprofessorin an der USC Annenberg in Los Angeles,  Senior Principal Researcher bei MSR in New York, Inhaberin des ersten Gastlehrstuhls für KI und Justiz an der École Normale Supérieure in Paris. Ihr jüngstes Buch, Atlas of AI (Yale, 2021), wurde u. a. mit dem Sally Hacker Prize der Society for the History of Technology und von New Scientist ausgezeichnet und von der Financial Times zu einem der besten Bücher des Jahres 2021 gekürt.

In ihrer 20-jährigen Forschungskarriere hat sie bahnbrechende kreative Kollaborationen und visuelle Untersuchungen realisiert. Ihr Projekt „Anatomy of an AI System“ mit Vladan Joler befindet sich u. a. in der ständigen Sammlung des Museum of Modern Art in New York.

Sie hat politische Entscheidungsträger*innen bei den Vereinten Nationen, im Weißen Haus und im Europäischen Parlament beraten und leitet derzeit das Knowing Machines Project, eine internationale Forschungskooperation, die die Grundlagen des maschinellen Lernens untersucht.

Speaker Sunny Dolat
Sunny Dolat

Designing Identities: Building and Reclaiming Black African Narratives

Ausgehend von der Arbeit und Praxis des The Nest Collectives untersucht Sunny Dolat die Rolle des Designs in Afrika. Auf dem Kontinent, der über Jahrhunderte durch Imperialismus und Kolonialismus tiefgreifend geprägt wurde, und in dem sich verschiedene Kulturen und Geschichten überschneiden, erhält der Prozess des Aufbaus und der Rückgewinnung von Identitäten durch Design eine einzigartige Bedeutung. 
Anhand von Beispielen kultureller Repräsentation, nachhaltiger Praktiken und sozialen Aktivismus‘ wird Sunny Dolat erörtern, wie Design als notwendiges Instrument zur Rückgewinnung von Handlungsfähigkeit, zur Wiederbelebung des kulturellen Erbes und zur Neudefinition afrikanischer Identitäten auf der globalen Bühne dient.


Sunny Dolat ist Kulturproduzent, Kreativdirektor und Modekurator. Als Mitbegründer des The Nest Collective fördert er aktiv Kunst und Kultur in Kenia. Er beschäftigt sich mit sozialen und politischen Herausforderungen auf dem Kontinent und befasst sich in seiner Arbeit insbesondere mit dem Platz Afrikas in globalen und kulturellen Debatten und Dialogen.

Dolat arbeitet in unterschiedlichen Funktionen in der Kreativ- und Kulturindustrie in Ostafrika und engagiert sich in zahlreichen Beratungsgremien. Er war als Creative Strategy Manager beim HEVA Fund tätig, dem ersten Förderinstrument der Kreativwirtschaft dieser Art auf dem afrikanischen Kontinent. Zuletzt war Dolat Mitglied des Kuratorenteams, das die Ausstellung „Africa Fashion“ im Victoria and Albert Museum in London erarbeitet hat, und stellte mit dem Kollektiv auf der documenta 15 aus.

Hartmut Esslinger

Design for Industry

Hartmut Esslinger widmet sich in seinem Vortrag der Design-Ausbildung in Deutschland. Ausgehend davon, dass Design als ein hoch anspruchsvoller Beruf zur Erschaffung von innovativen, industriell hergestellten physischen Produkten, digital programmierten, virtuellen Software-Applikationen, KI, sowie medialer Inhalte und Kommunikation zu definieren ist und sich aktuell im Brennpunkt industrieller Dynamiken mit all ihren derzeitigen Herausforderungen befindet, arbeitet Esslinger in seinem Vortrag die Gelingensbedingungen für die nachfolgende Designer-Generation heraus.


Esslinger gilt als einer der einflussreichsten Industriedesigner weltweit, der 1969 zusammen mit seiner Partnerin Patricia Roller mit frog design die erste globale Designagentur mit heute weit über 30 Standorten gegründet hat. Er war der erste Designer, der bedienungsfreundliches und ansprechendes High-Touch-Design in die Welt der digitalen Kommunikations- und Medientechnologie brachte.

Mit frog design und seinen hunderten von kreativen Mitstreiter*innen verhalf er Unternehmen wie Louis Vuitton, Sony und SAP zu globaler Prominenz. Seine Zusammenarbeit mit Steve Jobs ab 1982 stellte die Weichen zu Apple’s Welterfolg, und war Beginn einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit Design in den USA. Im Jahr 2017 erhielt er die World Design Medal der World Design Organization. Mit dem Rat für Formgebung verbindet Esslinger eine lange Geschichte – er gewann 1969 den erstmals ausgelobten Designpreis "Gute Form" der Bundesrepublik Deutschland.

Speaker John Maeda - Credits: Kenny Kelly
John Maeda

Design and Artificial Intelligence: Hype? Or Hope?

Technische Fortschritte, wie Elektrizität, Eisenbahn, Telefon, Automobil oder in jüngerer Zeit Personal Computer sind immer von einem Hype, gepaart mit einem gewissen Maß an Hoffnung, geprägt. Sollten wir nun angesichts des Hypes um Basismodelle künstlicher Intelligenz optimistisch, ängstlich oder gleichgültig sein und vermuten, dass der Trend nächstes Jahr schon wieder vorbei sein wird?


John Maeda ist führender amerikanischer Technologe im Bereich der Produkterfahrung für Verbraucher*innen und Unternehmen. Früh trieb er die Entwicklungen für generative Kunst und computergestütztes Design für kommerzielle Anwendungen an. Maeda ist erster Empfänger des National Design Award des Weißen Hauses für algorithmisch generierte Visualisierungen auf der Grundlage von Daten und KI.

Derzeit ist er als Vizepräsident für Design und künstliche Intelligenz bei Microsoft tätig, und als Buchautor, Online-Influencer und Investor in verschiedene Startups aktiv. Zuvor war Maeda u. a. als Chief Technology Officer von Everbridge und Vorstand von Sonos tätig sowie Leiter der Datenvisualisierung im MIT Media Lab.

Mit Veröffentlichungen, Interviews oder Vorträgen ist er unter anderem in folgenden Medien präsent: Wall Street Journal, New York Times, TED, BBC, CNN, The Economist, Forbes, USA Today. Zu seinen Auszeichnungen gehören u. a.: Drei Ehrendoktorwürden, TIME Best Twitter 140, White House National Design Award, LinkedIn Top 10 US Influencer.

World Design Organization / David Kusuma

The Importance of Design Towards a Better Tomorrow


David Kusuma, Präsident der WDO, ist ehemaliger Senior Vice President of Product Management & Innovation bei Oregon Tool. Davor war David Kusuma Vice President of Research & Innovation und Vice President of Product Development Worldwide bei der Tupperware Brands Corporation. Er unterlief während dieser Zeit die konventionellen Grenzen der Innovation zu, indem er neue Technologien und Materialien entwickelte, um bahnbrechende Produktlösungen zu schaffen.

Die World Design Organization ist eine internationale Nichtregierungsorganisation, die den Berufsstand des Industriedesigns und den Ansatz fördert, bessere Produkte, Systeme, Dienstleistungen, bessere Unternehmen und Industrien und schließlich eine bessere Umwelt und Gesellschaft zu schaffen.

Young Designers Circle / Kimia Amir-Moazami, Muhammed Khan, Pedro Sáez Martínez

Not There Yet

Der 2020 gegründete Young Designers Circle der World Design Organization (WDO) fördert die Kreativität und den Ehrgeiz junger Designer*innen unter 30 Jahren aus verschiedenen Disziplinen und Regionen. Das Programm steht im Einklang mit der Mission der WDO, Design für eine bessere Welt zu schaffen und ihrem Ziel, durch Design zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN SDGs) beizutragen. Kimia Amir-Moazami, Muhammad Kahn und Pedro Sáez Martínez stellen das YDC-Projekt „Not there Yet“ vor, eine globale Forschungs- und Gesprächsreihe, die auf der diesjährigen Berlin Design Week ihren Auftakt fand.


Moderation: Rebecca Schmidt

Rebecca Caroline Schmidt ist seit November 2012 Geschäftsführerin (Managing Director) des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität. In dieser Eigenschaft ist sie für die Koordination des wissenschaftlichen Zentrums verantwortlich und zugleich an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wissenschaftsmanagement und Wissenstransfer tätig. Außerdem übernahm sie 2020 die administrative Geschäftsführung des neu gegründeten Forschungsinstituts „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ und die administrative Koordination des Clusterprojekts „ConTrust – Vertrauen mit Konflikt“ des Landes Hessens.


Ein Rückblick auf 70 Jahre Designkultur

Wir nehmen Sie mit auf einen kurzen historischen Rückblick zu der Entstehungsgeschichte des Rat für Formgebung.

 

 

>> Genehmigungsurkunde zur Errichtung der »Stiftung zur Förderung der Formgestaltung«. 1953. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung, Frankfurt am Main.

New European Bauhaus

2021

New European Bauhaus

Seit 2021 ist der Rat für Formgebung Partner der Initiative „New European Bauhaus“. Diese wurde von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen und umfasst rund 50 Mitglieder in 26 europäischen Staaten. Am Berührungspunkt von Kunst, Kultur, sozialer Inklusion, Wissenschaft und Technologie soll das New European Bauhaus untersuchen, wie Lebensweisen zukünftig gestaltet werden können mit dem Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen.


Der Rat für Formgebung unterstützt gemeinsam mit den anderen offiziellen Partnern die Entwicklung der Initiative.

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IFDRA - Institute for Design Research

2020

Institute for Design Research and Appliance

Das beim Rat für Formgebung angesiedelte Institute for Design Research and Appliance (IFDRA) wurde 2020 gegründet und versteht sich als Schnittstelle zwischen Design, Hochschule und Unternehmen. Dabei ist es sein Anliegen, insbesondere der praxisorientierten Designforschung eine Stimme zu verleihen. Das Institut ist in diesem Sinne Vermittler und Berater für die unterschiedlichen Vertreter aus Theorie (Wissenschaft, Lehre) und wirtschaftlicher Praxis (Nutzer, Designer, Unternehmer).

Das IfDRA wird von Stephan Ott geleitet.

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German Design Council - China

2019

Tochtergesellschaft in China

2019 gründete der Rat für Formgebung die Tochtergesellschaft German Design Council in Shanghai, die sich, wie der Rat für Formgebung selbst, als Mitgliedernetzwerk versteht. Die Mitglieder tauschen sich auf Augenhöhe aus, teilen ihr Wissen und fördern die Wahrnehmung von Design und Gestaltung in China. Zusätzlich unterstützen sie die deutschen Stiftungsmitglieder und verhelfen ihnen zu höherer Sichtbarkeit im chinesischen Markt.


>> Lutz Dietzold, Geschäftsführer Rat für Formgebung und Lei Wang, Chief Representative China auf der Shenzhen Creative Design Week 2021

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italienische Architektin und Museumskuratorin.

2013

Zweite Deutsche Designdebatte

Anlässlich des 60. Jubiläums des Rat für Formgebung fand die Zweite Deutsche Designdebatte statt. Geladen waren international renommierte Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und Design:
 

Paola Antonelli, Chefkuratorin für Architektur und Design am MoMA
Dr. Annemarie Jaeggi, Direktorin Bauhaus Archiv/Museum für Gestaltung, Berlin
Stefan Sielaff, Autodesigner, ehem. Audi, Mercedes
Prof. Dr. Peter Pfeiffer, ehem. Designchef Daimler AG
Prof. Dr. Martin Roth †, Museumsdirektor, Kulturwissenschaftler und -manager
Prof. Dr. Erik Spiekermann, Designer, Typograf
Prof. Stefan Dietz, Industriedesigner


>> Foto: Paola Antonelli

Erster German Design Award - 2012

2012

Start: German Design Award

Der German Design Award, größter Design-Wettbewerb des Rat für Formgebung, wird seit 2012 verliehen und zeichnet innovative Produkte und Projekte aus, deren Markteinführung nicht länger als fünf Jahre zurück liegen. Das Label dieser Auszeichnung ist international anerkannt und fungiert mittlerweile als Qualitätssiegel und ehrt Hersteller und Gestalter der deutschen und internationalen Designbranche. Der German Design Award wird in den Kategorien Excellent Communications Design, Excellent Product Design und Excellent Architecture vergeben.


Weitere Awards des Rat für Formgebung sind z.B. der German Brand Award, German Innovation Award, one&twenty, Iconic Awards: Innovative Architecture und Innovative Interior. Darüber hinaus richtet der Rat für Formgebung einigen weitere Design-Wettbewerbe aus.

zu den Awards
Stiftung Deutsches Design Museum

2011

Stiftung Deutsches Design Museum

Die Stiftung Deutsches Design Museum (SDDM) wurde als gemeinnützige rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts 2011 ins Leben gerufen. Stiftungssitz ist Frankfurt am Main, Stifterin ist der Rat für Formgebung.


Die Stiftung betreibt umfassende Förder- und Vermittlungsprogramme, um das Bewusstsein für und den Umgang mit Design gezielt und interdisziplinär zu fördern.

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Film „Entwürfe – Communicating German Design"

2003

International Council of Societies of Industrial Design

Für die International Council of Societies of Industrial Design (ICSID) Convention 2003 produzierte der Rat für Formgebung den mehrfach ausgezeichneten Designfilm „Entwürfe – Communicating German Design“. Namhafte Persönlichkeiten aus dem Gestaltungsbereich, darunter Konstantin Grcic, Erik Spiekermann und Rolf Fehlbaum, diskutieren ihr Verständnis von Gestaltung.


>> Foto: Film „Entwürfe – Communicating German Design“ konzipiert und realisiert von Oliver Hardt, Thomas Lauterberg und Stephan Ott.

Erste Deutsche Designdebatte

2003

Erste Deutsche Designdebatte

Anlässlich des 50. Jubiläums des Rat für Formgebung fand die Erste Deutsche Designdebatte statt. Geladene waren bekannte Größen aus Witschaft und Design:


Bazon Brock, Rolf Fehlbaum, Konstantin Grcic, Herbert H. Schultes, Erik Spiekermann, Peter Schreyer, Dieter Rams und Rezzo Schlauch.


>> Foto: Volles Haus in der Paulskirche, bei der Ersten Deutschen Designdebatte 2003.

1984-2000

Über politische Grenzen hinweg

Designdialog - Seit seiner Gründung hat der Rat für Formgebung den Designdialog über politische Grenzen hinweg vorangetrieben. Die 1984 in Berlin (Ost) und Leipzig gezeigte Ausstellung »Design - Vorausdenken für den Menschen« zeigt damals, wie groß das gegenseitige Interesse an einem deutsch-deutschen Designdialog ist.

 

Nach dem Mauerfall 1989 folgen die Jahre der Wiedervereinigung. Deutschland wächst zusammen, langsam. Die Wanderausstellung »Formwende - Design in Deutschland« durch einige ostdeutsche Städte im Jahr 1991 verweist auf die unterschiedlichen Ansätze im Designverständnis eines jahrzehntelang geteilten Deutschlands.

 

>> Gute Form, London, 1965. Fotografie: A. Bode, 1965. Quelle: Design Council Archive, University of Brighton Design Archives. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung.

1970-1983

Ist Design messbar?

768 Kriterien - In den siebziger Jahren steht die Bewertung von Design im Vordergrund. Aber nach welchen Kriterien und Maßstäben soll man Produkte und Kommunikation bewerten?

 

Der damalige fachliche Leiter des Rat für Formgebung, Herbert Ohl, entwickelte eigens ein ausgeklügeltes Beurteilungsverfahren, bei dem jedes eingereichte Produkt nach nicht weniger als 768 Kriterien bewertet wird. Es soll ein möglichst objektives und aussagekräftiges System zur Bewertung insbesondere von Industrieprodukten sein, deren Design die Fachpresse stärker als je zuvor Beachtung schenkt.

 

>> Bundespräsident Walter Scheel und Bundeswirtschaftsminister Dr. Hans Friderichs bei der Eröffnung des Retrospektive »Bundespreis Gute Form«, 1975. Quelle: Tätigkeitsbericht 1975 / Herausgeber: Rat für Formgebung.

1963-1969

Design wird ausgezeichnet

Offene Märkte

»In den fünfziger Jahren hatte die deutsche Gebrauchsgüter-Industrie hauptsächlich für den Binnenmarkt produziert und den riesigen Nachholbedarf befriedigt. In den Sechzigern öffneten sich die Märkte. Der beginnende Export war eine Herausforderung und eine Bewährungsprobe auch für das Design.« Dieter Rams (1988-1998 Präsident des Rat für Formgebung und seitdem Ehrenmitglied).

 

1969 wird erstmals der »Bundespreis Gute Form« verliehen. Organisiert vom Rat für Formgebung und gestiftet vom Bundesministerium für Wirtschaft, um der wachsenden Bedeutung des Designs Tribut zu zollen.

 

>> Philipp Rosenthal präsentiert den Preisträger des Rosenthal-Studio-Preises 1966 für den Bofinger-Stuhl von Helmut Bätzner. Fotografie: Rosenthal. Quelle: Archiv Beate Reichel.

Rat für Formgebung Logoentwicklung von Anton Stankowski

1960

Signet-Entwürfe von Anton Stankowski

Das Logo des Rat für Formgebung kann auf eine beinahe ebenso lange Tradition zurückblicken wie die Institution selbst: 1960 wurde es vom Graphikdesigner Anton Stankowski entwickelt.

 

»Also habe ich ein paar Entwürfe gemacht, sowohl in die eine Richtung als auch in die andere Richtung; und wir berieten dann gemeinsam, welche zu forcieren wäre. Ich stellte dabei den Aspekt in den Vordergrund, dass der Rat für Formgebung nach innen und nach außen zu wirken hatte – deswegen diese zwei Richtungen der Form.« (Anton Stankowski)

 

>> Signet-Entwürfe von Anton Stankowski. Mit freundlicher Genehmigung der Stankowski-Stiftung, Stuttgart.

1957-1962

Dialog und Austausch

Gastfreundlich - 1957 ruft der Rat für Formgebung unter der Schirmherrschaft von Ludwig Erhard erstmals einen internationalen mehrtägigen Fachkongress ins Leben. Mehr als 200 Teilnehmer finden sich ein, um über die Themen »Gute Formen schaffen und verbreiten« und »Die Verantwortung des Unternehmens für die Formgebung« zu diskutieren.

 

In den sechziger Jahren wird - analog zum gesellschaftlichen Diskurs - auch das Design und seine Aufgabenstellung hinterfragt. Es beginnt eine Debatte um Funktionalismus und den Wissenschaftsanspruch der Disziplin. Zugleich wächst in der Öffentlichkeit das Interesse an gutem Design.

 

>> X. Triennale Mailand 1954. Deutsche Abteilung, Architekt Egon Eiermann. Fotografie: Anton Stankowski, 1954. Mit freundlicher Genehmigung der Stankowski-Stiftung, Stuttgart. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung.

X. Triennale Mailand 1954. Deutsche Abteilung, Architekt Egon Eiermann. Fotografie: Eberhard Tröger, 1954. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung.

1954

X. Triennale Mailand

Designausstellungen in aller Welt gehören in den nächsten Jahrzehnten zu den Kerngtätigkeiten des Rat für Formgebung

 

>> X. Triennale Mailand 1954. Deutsche Abteilung, Architekt Egon Eiermann. Fotografie: Eberhard Tröger. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung.

1953–1956

Das kulturelle Deutschland: weltoffen und modern

Design als Brücke zur Welt - Mit Gründung des Rat für Formgebung kommt Bewegung in die deutsche Designlandschaft. Zur Geschäftsführerin wird die deutsche Designvermittlerin und -Beraterin Mia Seeger berufen.

 

Das erste große Projekt ist die Beteiligung an der X. Mailänder Triennale im Jahr 1954. Auf rund 500 qm wird gemeinsam mit dem Architekten Egon Eiermann eine Ausstellung entwickelt, die die Bundesrepublik Deutschland in die internationale Staatengemeinschaft reintegrieren soll. Präsentiert werden nicht nur die Entwicklungen von Industriedesign, Architektur und Kunsthandwerk, sondern auch Arbeiten der freien Kunst

 

>> Bild: X. Triennale Mailand 1954. Deutsche Abteilung, Architekt Egon Eiermann. Fotografie: Anton Stankowski, 1954. Mit freundlicher Genehmigung der Stankowski-Stiftung, Stuttgart. Quelle: Historisches Fotoarchiv Rat für Formgebung.