Das Magazin des German Design Council
Der Berliner Architekt und Interior-Designer Fabian Freytag © KOZY STUDIO BERLIN
Gestalten mit KI

Im Ping-Pong zum Produkt

Künstliche IntelligenzInterview
Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert derzeit die Designbranche. Welche neuen Möglichkeiten eröffnet diese Technologie für Designer*innen und produzierende Unternehmen? Ein Gespräch mit dem Berliner Architekten und Interior-Designer Fabian Freytag über innovative Arbeitsprozesse und den nachhaltigen Einsatz von KI im Produktdesign.

Für Ihr Buch "Gently Radical Interior Design” haben Sie intensiv mit KI gearbeitet. Auch in Ihre tägliche Arbeit haben Sie diese Technologie längst integriert. Was begeistert Sie daran?

Fabian Freytag: Wenn man früher eine Idee hatte, musste man viele Stunden investieren, um Mood-Bilder zu sammeln, seine Vision zu zeichnen und zu visualisieren. Heute kann die KI einfach aus Worten Bilder entstehen lassen. Trotzdem gibt es Grenzen: Man muss den Zustand, dass sich die Bilder aufeinander beziehen, immer künstlich herstellen – im kreativen Dialog mit der KI. Dieses beinahe poetische Ping Pong empfinde ich als eine Renaissance der Kreativität. Ich schätze es sehr, heute einen kreativen Sparringspartner zu haben, der meine Ideen triggert, sie an ihre Grenzen bringt und auf eine neue Ebene hebt.

Im Rahmen der Arbeit für Ihr Buch hat die KI sogar eine Tischleuchte ausgespuckt, die Sie im April auf dem Salone del Mobile in Mailand präsentiert haben ...

Genau. Der Midjourney-Prompt lautete "Tischleuchte aus den Siebzigern”. Das Bild habe ich damals auf Instagram gepostet, wo es schnell viele Likes bekommen hat. Ich dachte mir: Moment mal, wenn ich hier sozusagen den Proof of Concept habe, dass ein Produkt, das vermeintlich existiert, so gut ankommt, dann sollten wir es auch umsetzen. Also haben wir angefangen, die technischen Zeichnungen dazu zu machen und es sukzessive in die Realität zu übersetzen …

Die KI hat also das Mood Bild erstellt, auf dessen Grundlage die Leuchte jetzt produziert wurde?

Natürlich macht sich die KI keine Gedanken darüber, ob etwas technisch produzierbar ist und wo die Materialien herkommen. Das haben wir von Fabian Freytag Studio übernommen. Und tatsächlich standen wir dann im März dieses Jahres irgendwo in Schweden im Wald in einer Glashütte bei Kosta Boda und haben die Schirme produziert. Die fertige Leuchte haben wir im April während ALCOVA zur Mailänder Designwoche in der Villa Borsani präsentiert. Der Enkel von Osvaldo Borsani kam sogar vorbei und hat zwei Exemplare für das Haus gekauft – er sagte, sein Großvater wäre begeistert gewesen (lacht).

KI wird derzeit hauptsächlich mittels Texteingabe gesteuert. Der Designprozess ist aber vor allem visuell geprägt. Ist das nicht ein Widerspruch? Müsste KI für Designer*innen nicht anders funktionieren?

Ich finde es eigentlich wunderbar, dass man durch die Sprachmodelle wieder anfängt, sauber zu formulieren. Dadurch wird die Qualität der Sprache wieder hochgehalten. Ich schreibe gerne, deshalb blutet mir ein bisschen das Herz, wenn ich daran denke, dass zum Beispiel die Rechtschreibung in Zukunft keine Rolle mehr spielen wird. Um zu Ihrer Frage zurückzukommen: Im Moment befindet sich die KI kurz nach der Geburt. Sie wird jetzt langsam in Monatsschritten in die Pubertät kommen und dann irgendwann erwachsen sein. Das Spannende ist, dass sie dabei alle menschlichen Fähigkeiten durchläuft, also schreiben, hören, sprechen und so weiter. Unlängst ist GPT-4o auf den Markt gekommen, wo man mit dem Handy spricht, statt zu schreiben. Die Zukunft wird so aussehen, dass wir uns mit der Technik unterhalten.

Was bedeutet das für die Gestaltungsarbeit? Werden Entwürfe für Möbel oder Räume bald ausschließlich durch das gesprochene Wort entstehen?

Bis jetzt waren wir es gewohnt, eine Maus in der Hand zu halten und zu klicken, um einen Entwurf zu erstellen. Wäre es nicht eine fantastische neue Disziplin, wenn wir bald allein durch das gesprochene Wort ganze Welten erschaffen können? Bei diesem Gedanken bekomme ich Bauchkribbeln. Architektur und Innenarchitektur werden oft sehr technisch, beinahe wissenschaftlich betrachtet. Wenn wir beginnen, diese Disziplinen stärker künstlerisch zu sehen, als eine Art Spielwiese, dann kann und darf darauf alles stattfinden. Wer sagt denn, dass ein Entwurf nur auf eine bestimmte Art entstehen darf? Und ist es wirklich wichtig, ob ich die Leuchte entworfen habe oder die KI? Für mich zählt das Ergebnis.

Worin liegt Ihrer Ansicht nach das größte Potenzial von KI für Designer*innen und produzierende Unternehmen?

Ich sehe ein enormes Potenzial darin, mit Hilfe von KI in Zukunft sinnhaft und verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen zu können. Im Moment sind wir blinde Gestalter: Wir agieren oft so, als wären Rohstoffe, zum Beispiel Sand, unendlich vorhanden. Mit KI werden wir hoffentlich eines Tages an einen Punkt kommen, an dem wir die Welt in ihrer Gänze sehen und verstehen. Dann wissen wir plötzlich, wo es Überkapazitäten an bestimmten Materialien gibt und können diese bewusst für unsere Entwürfe einsetzen.

Welche Vermarktungsstrategie haben Sie verfolgt und welche Marketingkanäle nutzen Sie dafür?

David Löwe: Das Haushaltsreinigungs-Segment ist vermutlich einer der am härtesten umkämpften Bereiche. Wenn man sich anschaut, wie viele Marken neunstellige Beträge jedes Jahr in Marketing-Maßnahmen investieren, hat man in den klassischen Medien eigentlich wenig Chancen. Also versuchen wir in den digitalen Medien genau die Generation gezielt anzusprechen, die sich lautstark für das Thema Nachhaltigkeit einsetzt. Und genau hier sind wir fast schon viral gewachsen. Weil wir ein etwas erklärungsbedürftiges Produkt haben, können gerade Videoformate und Influencer viel Aufklärungsarbeit leisten.

Wie gelingt es Ihnen, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu vereinen?

David Löwe: Wir haben ambitionierte Ziele, weil wir wissen, dass sich Nachhaltigkeit nur durchsetzt, wenn sie auf Dauer attraktiv und profitabel ist. Wir blicken optimistisch in die Zukunft, da wir als Unternehmen auf zwei Makrotrends setzen: Nachhaltigkeit wird notgedrungen immer wichtiger und in der Gesellschaft präsenter, da die Auswirkungen des Klimawandels auch in Europa immer spürbarer werden. Außerdem bestellen Menschen immer häufiger Waren im Internet und gewöhnen sich an die Convenience des e-Commerce.

Auch in Ihrer Unternehmenskultur sind ökologische und soziale Nachhaltigkeit fest verankert. Welche Werte sind dabei besonders wichtig und wie setzen Sie diese um?

Christian Becker: Das Thema Nachhaltigkeit und Transparenz ist bei uns allgegenwärtig und Teil unserer DNA. Wir wollen so transparent wie nur möglich mit unserem Umweltimpact umgehen – was in unserer Branche alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Wir veröffentlichen und aktualisieren unseren Wissensstand darüber kontinuierlich auf unserer Website, von den eingesparten Umweltbelastungen durch unsere Produkte über unseren CO2-und Plastik-Fußabdruck bis hin zu unseren Inhaltsstoffen. Außerdem zeigen wir auf unserer Website transparent auf, wo wir uns schon verbessern konnten und woran wir noch arbeiten möchten.

Buch

Gently Radical

von Fabian Freytag

CALLWEY Verlag, 2024

224 Seiten, zahlreiche Abbildungen

Ausgabe: Deutsch

ISBN 99783766727015

59,95 Euro

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